Ein Mal Besteck bitte, kein Tee!

Die Golden Week steht vor der Tür, eine Woche Ferien und genug Zeit mal wieder etwas zu schreiben. Und nachdem ich vorher ein liebes Kompliment zu meinem Blog bekommen habe, wurde ich auch gleich mal zum Verfassen eines neuen Beitrags motiviert.

Könnt ihr euch noch erinnern, wie ich in meinem ersten Beitrag meinte die sprachliche Barriere sollte eigentlich nicht so ein großes Problem darstellen? Also ich weiß auch nicht was mich da geritten hat. Man sollte meinen nach zwei Jahren Chinesisch lernen könnte man sich schon einigermaßen gut ausdrücken, aber da habe ich mich wohl gewaltig getäuscht. In der Uni habe ich zwar gelernt wie ich über die Stellung der Frau, mongolische Traditionen und die vier Jahreszeiten plaudern kann, im Alltag scheitert es jedoch leider schon an der Bedienung der Fernbedienung. Und einfach mal alle Knöpfe drücken und schauen was passiert, ist manchmal auch nicht die beste Lösung (hier spricht jemand aus Erfahrung). So musste ich leider feststellen, schon bei ganz alltäglichen Dingen bin ich meistens ziemlich aufgeschmissen und natürlich kann man jedes Schriftzeichen im Wörterbuch nachschauen, aber das ist auf Dauer auch sehr mühsam.

Dazu kommt, dass hier wirklich quasi niemand Englisch sprechen kann und wenn doch, sind es meist nur ein paar einzelne Wortfetzen. Ich glaube, jemand der noch nie in China war, kann sich überhaupt nicht vorstellen wie es hier ist. Man kennt das doch von kleineren Orten in Italien, Spanien oder Griechenland, die sprechen da auch kein Englisch, aber man kann sich irgendwie verständigen. Und schließlich wird doch mittlerweile eh überall alles auf Englisch übersetzt oder ganze Sprachen „verenglischt“, richtig? Falsch, nicht in China. Und es frustriert mich noch immer, wenn ich beim Durchqueren einer Straße beispielsweise nicht alle Schilder oder die Restauranttafeln lesen kann. Sogar nicht mal weiß, wie man das Wort ausspricht, da ein unbekanntes Schriftzeichen (meistens) keinen Hinweis auf die Aussprache enthält. Zwar lerne ich jeden Tag etwas dazu und versuche so viel wie möglich aufzunehmen, das verhindert jedoch trotzdem nicht das Gefühl im Prinzip nichts von der Sprache zu können, die man jetzt doch schon seit einiger Zeit lernt.

Die zweite Schwierigkeit beim Reden stellt die Betonung dar. Im Chinesischen wird jede Silbe eines Wortes bestimmt betont und betont man ein Wort falsch, kann es leider gleich eine ganz andere Bedeutung haben. Zwar wurde uns in Deutschland immer wieder die Wichtigkeit der Betonung eingebläut, aber insgeheim hat sich dann doch jeder gedacht, ach die verstehen mich schon irgendwie. Das tun sie leider nicht. Mag sein, dass viele Chinesen zwar auch zunächst überrascht sind wenn ein Ausländer Chinesisch redet und deshalb erst einmal überfordert sind, oftmals liegt das Nichtverstehen dann aber doch vor allem an den falschen Tönen. Als ich zum Beispiel letztens mit Freunden beim Mittagessen war, wollte ich die Bedienung nach Besteck fragen. Messer und Gabel werden im Chinesischen 刀叉 (daocha – monotone Aussprache beider Silben) abgekürzt, die Dame hatte jedoch 倒茶 (daocha – erste Silbe: Stimme geht runter und wieder hoch, zweite Silbe: Stimme geht nach oben) verstanden, was soviel wie Tee nachschenken heißt. Und da man in China in einem Restaurant eigentlich immer gleich am Anfang ein Glas mit Tee oder heißem Wasser hingestellt bekommt, dachte sie wohl ich möchte noch Tee. Beim ersten Mal fragen hat es auch noch ganz gut gepasst, da mein Glas schon fast leer war, aber spätestens als ich erneut gefragt habe und mein Glas noch voll war (sie wollte mir trotzdem nachschenken), hätte sie drauf kommen können, dass ich etwas anderes von ihr will. Beim dritten Fragen habe ich ihr schließlich die Schriftzeichen unter die Nase gehalten und endlich mein Besteck bekommen.

Aber solche Situationen werden wohl noch öfters vorkommen und im Nachhinein kann ich nur darüber lachen. Gerade das Lesen und Verstehen der Speisekarte ist noch sehr abenteuerlich, aber so habe ich bis zum nächsten Jahr wenigstens ein Ziel vor Augen. Essen ist schließlich essenziell.

3 Kommentare Gib deinen ab

  1. Carocxj sagt:

    Dann trinkst du immerhin genug, Julchen 😂🙏🏼

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  2. Jörg sagt:

    Guten Morgen liebe Julia und die herzlichsten Glückwünsche und reichen Segen zu Deinem Wiegenfeste!

    Von mir bekommst Du als Geschenk vorerst eine Lektion in Chinesischer Kulturlehre passend zu Deinem Beitrag:

    Für einen Chinesen ist es weitaus absurder mit einem Besteck zu essen, als in eine volle Tasse Tee einzuschenken … 🙂

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    1. juliacxj sagt:

      Vielen vielen Dank ☺️ Liebe Grüße an alle!

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