Xining (西宁) – Religiöses Zentrum der Provinz Qinghai

Als erstes Ziel meiner Reise habe ich mir die Stadt Xining ausgesucht. Eigentlich mit der Absicht von dort aus zum Qinghai-See zu fahren, einer der größten Salzseen Chinas. Leider wurde aus diesem Plan nichts, da es ein paar Tage vor meiner Ankunft stark geschneit hatte und die Straße zum See dadurch zu unsicher zum Befahren war. Mein aus Xining stammender, chinesischer Freund Jerry hat sich jedoch wirklich alle Mühe gegeben, mir trotzdem einen interessanten Aufenthalt zu gestalten.

Von Chengdu aus ging es am Mittwoch Abend mit dem Nachtzug nach Xining, die Fahrt dauert ungefähr 16 Stunden und kostet ungerechnet um die 31€. An der Adresse meines gebuchten Hostels angekommen erwartete mich allerdings gleich mal eine eher weniger erfreuliche Überraschung, denn ich stand vor einer verschlossenen Tür. Wie sich herausstellte hatte das Hostel im Winter gar nicht geöffnet und nahm auch generell keine Ausländer auf. Wie meine Buchung über booking.com einige Wochen vorher trotzdem ohne Probleme funktionieren konnte, ist mir etwas rätselhaft. So musste ich dann wohl oder übel kurzfristig ein Hotel buchen. Dort angekommen gab es erst einmal eine warme Dusche, bevor mich Jerry dann mit dem Auto abholte und wir etwas durch die Stadt fuhren. Da es Jerrys Geburtstag war, trafen wir zum Abendessen schließlich noch seine Freunde und genossen einen sehr leckeren Qinghai-Hotpot. Als Nachtisch gab es Bananen mit von mir mitgebrachtem Nutella.

Am Freitag Morgen fuhren Jerry und ich dann mit dem Auto in die ungefähr 40 Kilometer von Xining entfernte Kleinstadt Huangzhong. Dort befindet sich der tibetisch-buddhistische Kumbum-Kloster, auf Chinesisch auch Ta‘er-Tempel (塔尔寺) genannt. Seine Ursprünge gehen auf die Ming-Dynastie zurück und es zählt zu den wichtigsten Klöstern der Gelug-Schule, einer der vier Hauptschulen des tibetischen Buddhismus. An sich ist das Kloster wie eine kleine Stadt aufgebaut, mit kleinen Tempeln und Hallen, aber auch Wohnhäusern. Als Student zahlt man ungefähr 5€ Eintritt und kann sich anschließend frei in der Stadt bewegen, wobei nicht alle Gebäude für Besucher geöffnet sind. Zwar stammt das älteste Gebäude aus dem Jahre 1578, jedoch sind mittlerweile fast alle Tempel in den 2000er Jahren neu hergerichtet worden. Für mich sahen die Tempelanlagen wie fast jede andere buddhistische Tempelanlage aus: Es gibt zahlreiche Hallen mit verschiedenen Buddhafiguren, jede mit einer individuellen Bedeutung. Man betet beispielsweise für Reichtum, Gesundheit oder Erfolg und bringt Geld, Obst oder Alkohol als „Opfergaben“. Neben den normalen chinesischen Touristen waren die meisten Besucher jedoch traditionell gekleidete, tibetisch-buddhistische Pilger (keine Mönche). Diese wandern von Tempel zu Tempel und beten auf eine besondere Art und Weise, beispielsweise indem sie sich flach auf den Bauch legen und wieder aufstehen und dies unzählige Male wiederholen. Bei -15 Grad wohlgemerkt. Wie die dort lebenden Mönche bei diesen Temperaturen in ihren wirklich sehr dünnen orangen und dunkelroten Tüchern/Kutten nicht halb erfrieren, ist wirklich verwunderlich. In einem der letzten Tempelhallen konnten wir schließlich auch eine Gruppe von Mönchen beim Gebet beobachten. Dafür stellten sich zunächst alle anwesenden Mönche in Reihen vor der Halle auf, mit Eintreffen des letzten Mönchs wurden Kappen, ähnlich eines Römerhelms mit Crista, aufgezogen und die Schuhe ausgezogen. Danach traten alle in die eigentliche Tempelhalle ein und setzten sich in der Mitte im Schneidersitz auf vorgegebene Sitzplätze. Schließlich begann einer der Mönche aus einem Buch in einer Art Gesang zu beten, wobei ich leider nur erkennen konnte, dass es kein Chinesisch war. Bevor es zurück nach Xining ging, bummelten wir noch kurz durch den Rest von Huangzhong und aßen in einem lokalen Restaurant Nudeln zu Mittag.

Doch Qinghai ist nicht nur tibetisch-buddhistisch beeinflusst, sondern auch schon stark muslimisch. Im Osten von Xining, im muslimischen Viertel, steht die größte Moschee der gesamten Provinz. Die Gebetshalle der Dongguan-Moschee (东关清真大寺) kann bis zu 3000 Personen aufnehmen, daneben gibt es allerdings noch einen 30.000 Quadratmeter großen Innenhof, auf dem regelmäßig Muslime aus der ganzen Umgebung zusammenkommen. Kurz vor dem 5-Uhr-Gebet kam ich mit einem netten muslimischen Chinesen aus Xinjiang ins Gespräch. Er hat mir zum Beispiel einiges über den Islam in China, die Moschee an sich und seine Einstellung zu anderen Religionen erzählt. Zwar unterhielten wir uns auf Englisch, jedoch waren wir schon nach kurzer Zeit von bestimmt 100 neugierigen Chinesen umringt. Ich bin die Blicke nun zwar schon einigermaßen gewohnt, aber das war mir dann irgendwann doch zu viel. Ich habe mich dann kurz darauf höflich verabschiedet und schnell aus dem Blickfeld der Allgemeinheit bugsiert. Danach bin ich noch zur zweiten und noch recht neuen Nanguan-Moschee (西宁南关清真寺) spaziert, jedoch war diese leider geschlossen. Da mein Hotel ebenfalls im muslimischen Viertel lag, bin ich noch etwas durch die Gegend spaziert und habe neugierig die zahlreichen kleinen Restaurants, Straßen- und Fleischverkäufe beobachtet. Da Moslems kein Schwein essen, steht hier vor allem Rind-, Schaf- oder Ziegenfleisch auf der Speisekarte. Auf alle möglichen Weisen zubereitet, meistens mit Nudeln in einer Suppe oder am Spieß knusprig gebraten, isst man dazu typisch eine Art Fladen, hier in China auch Nan-Brot genannt.

Am Samstag ging es dann wieder früh raus und bei kuscheligen -17 Grad zum Südberg von Xining (西宁南山). Allgemein ist die Stadt horizontal länglich aufgebaut, da sie im Süden und Norden von zwei Bergketten begrenzt wird. Diese sind nicht sehr hoch, weshalb man recht schnell oben angelangt ist und relativ gemütlich von Kuppe zu Kuppe wandern kann. Dort oben hat man dann einen wunderbaren Blick über die gesamte Stadt. Einer dieser Berghügel steht in der Nähe des Xining Square, an dessen Fuß sich auch der sogenannte Südberg-Tempel (南山寺) befindet. Dieser wurde, wie leider fast alle Tempel in China, erst vor ein paar Jahren wieder neu hergerichtet und glänzt und strahlt daher wie neu. Anschließend ging es noch zum Gelben Fluss (黄河), dem in Qinghai entspringenden und zweitlängsten Fluss Chinas. Dieser ist im Winter zugefroren, sodass man darauf verschiedenste Eissportarten ausüben kann.

Vor ungefähr 20 Jahren noch war das höchste Gebäude in Xining das gerade mal 15-stöckige ICBC-Büro, mittlerweile sprießen die Hochhäuser jedoch nur so aus dem Boden. An gefühlt allen Ecken wird gebaut, weshalb die meisten Häuser noch recht neu und die Stadt vergleichsweise sauber ist. Im westlichen Teil der Stadt gibt es ein recht großes Stadtzentrum mit allen möglichen Einkaufs-, Essens- und Unterhaltungsmöglichkeiten und unterirdisch ein ebenfalls recht großes Netzwerk aus Einkaufsstraßen. Dementsprechend ist auch kein Platz für eine U-Bahn, stattdessen gibt es eine Vielzahl von Bussen.

Bis auf das muslimische Viertel fand ich die Stadt jedoch eher langweilig. Landschaftlich hat die Provinz Qinghai jedoch sehr viel zu bieten und ich hoffe in Zukunft dort noch mehr Orte besuchen zu können!

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